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Was Sie schon immer über DAS BÖSE INTERNET wissen wollten

In Zeiten von „Embedded Content“, „Sponsored Content“ und „Verlagssonderveröffentlichungen“ (allesamt Euphemismen für: versteckte Werbung) hier der klare Hinweis: JETZT KOMMT REKLAME!

Weil nämlich: Ein „Best of“ meiner Satiren aus den letzten fünf Jahren ist kürzlich als Buch erschienen, so richtig mit schwarzer und sogar farbiger Druckertinte auf rechteckigen Scheibchen toten Baums, und zwar unter dem Titel „Was Sie schon immer über DAS BÖSE INTERNET wissen wollten… aber nie zu fragen wagten“. Schampus!

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Das Buch hat 142 Seiten und über 50 farbige Abbildungen, von ein paar Screenshots abgesehen sind das Cartoons aus der Feder des genialen Wolfgang Traub (die auch auf diesem Blog häufig Verwendung finden), darunter sogar zwölf nagelneue!

Verlegt wurde das Satirebuch beim ITP Verlag (also bei dem Verlag, der die Netzwerk-Zeitschrift LANline herausgibt, für die ich schreibe). Dieser vertreibt es direkt (ist ja ein Zeitschriftenverlag, kein klassischer Buchverlag), aber erhältlich ist es auch über amazon.de. Es kostet 19,- Euro zuzüglich 3,- Euro Porto. Ja, ich weiß: Porto für ein Buch bei Amazon?? Klingt blöd, is’ aber so, denn Amazon schreibt dies bei Direktlieferungen vor.

Die Satiren kann man bekanntlich alle hier ganz kostenfrei auf diesem Blog nachlesen, deshalb hier der völlig unvoreingenommene Hinweis: Allein die zwölf neuen Bildchen von Wolfgang Traub sind schon die 22 Euronen wert! Und als Geschenk eignet sich ein Taschenbuch nach wie vor viel besser als ein Link zu einem Blog. 😉

Bestellen kann man das Buch hier.

 

 

 

Butler 4.0 – Kann man das nicht delegieren?

Heute haben wir für alles außer Nasebohren eine App, und ohne die Pulsmessung des Fitness-Trackers wüssten wir nicht mal mehr, ob uns dieser Umstand aufregt. Der Internet-Nutzer von Welt hingegen hat keine Apps, sondern Personal. Schafft ja auch Arbeitsplätze.

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Apps sind so 2015. Ein Butler hingegen hat auch immer einen persönlichen Touch.

Die einen haben Apps, die anderen haben Ansprüche. Den bessergestellten Vertretern unserer gnadenlos Gadget-gestützten Generation ist in vielerlei Situationen zu physisch vorhandenem Versorgungspersonal zu raten, das deshalb in keinem gepflegten Haushalt fehlen sollte. Einige Beispiele gefällig? Aber gern. Wo darf ich sie servüren? Am besten gleich hier:

  1. Spam-Abwehr: Der Butler 1.0 hatte bekanntlich unter anderem eine wichtige Aufgabe: das Abfangen von Besuchern inklusive Feststellung der Identität und Abwimmeln vom unerwünschtem oder gar – „shocking, my dear!“ – visitenkartenlosem Pack. Diese Funktion hat längst der Spamfilter übernommen. Ein echter ALADIN (Alle Lästigen Aufgaben Delegierender Internet-Nutzer) hat aber selbstverständlich einen Spam-Beantwortungs-Butler. Dieser informiert jeden Spam-Versender in einem persönlichen Anschreiben, dass man nicht beabsichtige, mit ihm jemals Geschäfte zu machen. Denn man erachte Spammer als Vertreter der alleruntersten Stufe menschlicher Existenz, wenn „menschlich“ da überhaupt noch das passende Wort sei, und nein, auch für die Geldwäschepläne nigerianischer Prinzen stehe man nicht zur Verfügung.
    Geringachtungsvoll,
    i.V. James,
    Butler im Hause derer von Welt
  1. Straßenverkehr: Der Chauffeur alter Schule hat im Zeitalter selbsttätig fahrender PKW natürlich ausgedient. Aber wollen wir unser Passagierdasein wirklich einem autonomen Automobil anvertrauen? Natürlich nicht. Deshalb setzen wir auf den Fahrersitz unseres „Autonomobils“ einen Self-Driving-Car-Butler. Schon damit wir sagen können: „Mein Beitrag zum Klimaschutz? Ich fahre nicht mehr Auto.“
  2. Flugreisen: „Haben Sie Ihre Koffer selbst gepackt?“ Auf diese alberne Frage des trübtassigen Flughafen-Schalterpersonals kann und darf die entrüstete Antwort nur lauten: „Natürlich nicht! Dafür habe ich schließlich meinen Koffer-Pack-Butler!“ Ein Tipp: Es empfiehlt sich, Letzteren rechtzeitig anzuweisen, ausreichend viel frische Lektüre auf den Kindle-Reader zu laden. Schließlich will man genügend Lesestoff bei sich haben, während man die nächsten sechs Stunden in einem Hinterzimmer des Flughafens auf die Überprüfung der Angaben zur eigenen Person wartet.
  3. Flugreisen, die zweite: Angesichts der unter Punkt 3 beschriebenen Situation ist es stets ratsam, einen Flugreise-Butler zu beschäftigen, der besagte Reise für einen übernimmt, da man nach sechs Stunden Wartezeit natürlich die gebuchte Verbindung verpasst hat. Ein Flugreise-Butler ist zudem generell nutzbringend für alle, die unter Flugangst leiden oder die Aeroplan-gestützte Fortbewegung als nicht artgerechte Passagierhaltung empfinden. Zumal sich heutzutage dank Ryanair und Co. derart viel visitenkartenloses Fußvolk an den Terminals breitgemacht hat, da nehmen wir zum Ansteuern abgelegener Ziel wohl doch lieber die Yacht. James, sagen Sie schon mal dem Kapitän Bescheid, und davor dem Reiseziel-Auswahl-Butler!
  4. Gadget-Bedienung: Auf den Miniatur-Displays all dieser neumodischen Smartphones, Tablets, Smartwatches und sonstiger Gadgets herumtippen und herumtatschen zu müssen, hach, das ist auf die Dauer ebenso mühselig wie lästig. Es empfiehlt sich deshalb, stets einen Gadget-Bedienungs-Butler in Rufweite zu haben: „James, mir ist nach einem Spaziergang zumute. Googeln Sie mal, wie das Wetter draußen ist!“ Dank üppiger Ausstattung mit derlei Personal wird das Gros der auf dem iPhone vorinstallierten oder irgendwann mal heruntergeladenen Apps natürlich überflüssig. Deshalb ist es angeraten, dem Gadget-Bedienungs-Butler einen App-Lösch-Butler an die Seite zu stellen. Für den Laien läge es nahe, würde ein einziger Butler diese beiden Funktionen in – kleines Wortspiel – Personalunion übernehmen. Aber wir wollen schließlich nicht an der falschen Stelle sparen oder gar als knausriger Cretin erscheinen, n’est-ce pas?
  5. Literatur: Nicht minder mühselig und lästig ist es, sich immer wieder neue Satiren ausdenken zu müssen. Unverzichtbar ist deshalb ein Satire-Schreibe-Butler, der dem Verfasser diese undankbare Aufgabe abnimmt und ohne den dieser verwöhnte Ausbeuter total aufgeschmissen wäre. He, was soll das? Unverschämtheit! Glauben Sie bloß nicht, dass ich diese Frechheit hier so stehenlasse! Schlusskorrektur-Butler, Sie sorgen mir dafür, dass diese Passage vor der Veröffentlichung gestrichen wird! So, und jetzt zügig zurück an’s Werk, James, aber zuerst pfeifen Sie den Chipstüten-Aufreiß-Butler ran, ich kann so nicht arbeiten!

Und nächste Woche klären wir die Frage: Warum sind „smarte“ Klobrillen, die man per App ferngesteuert vorwärmen kann, für den Internet-Nutzer von Welt absolut unnötig?

Die einzig wahren IT-Security-Prognosen für 2016

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, allerorten sprießen Weihnachtsmärkte, -männer und -deko aus dem Boden, und der Einzelhandel freut sich auf einen Monat voller religiöser Besinnlichkeit. Die intelligenteren Gattungen halten nun Winterschlaf, während der Mensch Prognosen über das kommende Jahr in die Welt hinausposaunt.

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Für mich als Prognosen-Provider Ihres Vertrauens wäre es deshalb geradezu unmenschlich, Ihnen meine IT-Security-Prognosen für 2016 vorzuenthalten. Bitte stellen Sie die Stuhllehnen senkrecht und schalten Sie alle elektronischen Geräte ab, wir starten:

  1. Die Internet-Sicherheit bleibt weiterhin ein Witz, schon weil andernfalls die IT-Security-Industrie zusammenbrechen würde, ebenso der weltweite Markt für Geheimdienstleistungen und die Computerkriminalitätsbranche – mancherorts heute der größte Arbeitgeber. Allein die Umsatzeinbußen in der Trenchcoat- und Hoodie-Industrie würden in die Abermillionen gehen – und das kann doch niemand wollen!
  1. Ransomware wird sich rasant verbreiten. [Wie Sie das vermeiden können, erfahren Sie, wenn Sie mir 3,14 Bitcoins in bar übergeben.]
  1. Alle Produkte mit „smart“ im Namen werden nächstes Jahr gehackt. In der Folge werden zum Beispiel Ihre smarten Socken auf Ihrer Facebook-Seite posten: „Oh Mann, hat der Typ Schweißfüße! Ich bin ein Strumpf, holt mich hier raus!“
  1. Dank ausufernder Vorratsdatenspeicherung wird man bei terroristischen Anschlägen hinterher viel detaillierter erklären können, warum man das Attentat vorher nicht aufdecken konnte. Daraufhin werden zahlreiche Politiker mehr Vorratsdatenspeicherung fordern. Ausreichend Personal für die Auswertung dieser Daten hingegen fordert niemand, das wäre viel zu teuer.
  1. Cyberkrieg wird endlich völkerrechtlich einheitlich definiert: als „digitale Verfahren und Maßnahmen, die an Leben und Gesundheit von Personen fremder Nationen direkten Schaden anrichten“. Als erste enttarnte Cyberkriegswaffe der Menschheit gilt fortan die Steuerungssoftware der Dieselmotoren von VW.
  1. Die Entwicklung staatlich organisierter Malware für den Cyberkrieg… [diese Prognose wurde zensiert, da sie Teile der Bevölkerung verunsichern würde].
  1. Die IT-Security-Anbieter werden weiterhin auf Sicherheitskonferenzen das Bild eines beinahe toten Patienten zeichnen, um aber ihr jeweiliges Software- oder Hardwareprodukt als Heftpflaster anzupreisen, das den Sterbenden wieder zum Leben erweckt. Heftpflaster können das!
  1. Eine Gipfelkonferenz führender Industrienationen wird einberufen mit dem Ziel, die Sicherheit bei der Softwareentwicklung gesetzlich zu regulieren. CEOs aus dem Silicon Valley argumentieren aufgebracht, dies würde die Markteinführung neuer Apps über Gebühr verzögern. Ein Vertreter der Luftfahrtbranche wird daraufhin mit Lachkrampf aus dem Saal getragen. Die Klärung der Frage wird auf den nächsten Gipfel vertagt. Kanzlerin Merkel zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Wir schaffen das… Problem erst mal in einen Unterausschuss, dann sehen wir weiter.“
  1. Aus Sicherheitsgründen erfolgt in Deutschland ein landesweites Update von Industrie 4.0 auf Industrie 4.0.1. Alle Unternehmen werden dringend gebeten, das Update unverzüglich einzuspielen, da es zahlreiche Sicherheitslücken behebt. Industrie 4.0.1 hingegen sei absolut sicher.
  1. Apple stellt das neue iPhone 7 mit stark verbessertem Zugriffsschutz vor: Das Gerät scannt während des Gebrauchs die Iris des Nutzers kontinuierlich, um Missbrauch durch Fremde zu vermeiden. Der Nachteil ist, dass man sich nun beim Surfen, Chatten, Telefonieren etc. das iPhone immer direkt vor das Gesicht halten muss. Die Apple-Fans begrüßen die zunächst nur in den USA eingeführte Innovation begeistert, aber wenig später steigt dort die Zahl der Autounfälle dramatisch an.
  1. Erstmals wird ein Herzschrittmacher via WLAN gehackt, woraufhin der Patient einen ganzen Tag lang wie batteriebetrieben durch die Gegend hetzt. Die Klage des Patienten gegen den Hersteller des Geräts scheitert aber vor Gericht: Der Richter argumentiert in seiner Urteilsbegründung, der Patient habe die Firewall-Einstellungen seines Herzschrittmachers mangelhaft verwaltet, die Antiviren-Updates vernachlässigt und zudem eigenmächtig auf einer Partition des Geräts „Super Mario for Medical Devices 2016“ installiert. Diese Version sei vom Hersteller des Schrittmachers aber noch nicht für diesen Gerätetyp freigegeben.
  1. Der wegen seines stets rüpelhaften Auftretens umstrittene Milliardär Donald Trump wird US-Präsident. Auf sein Drängen („Jetzt macht endlich hin, ihr Pappnasen!“) peitscht die republikanische Mehrheit im US-Kongress ein Gesetz durch, das der Softwarebranche die Verwendung der „0“ verbietet. „Amerika ist die Nummer 1“, tönt Trump. „Auf die ganzen Nullen und Luschen und das Gesocks können wir verzichten!“ Er wird später als derjenige US-Präsident in die Geschichte eingehen, der das Problem der IT-Sicherheit ein für allemal gelöst hat.

 

 

 

Pendeln im Jahr 2020

Er: James, zur Oper bitte!

Es: Hey, du sollst doch nicht immer „James“ zu mir sagen! Ich heiße „Alphabet Self-Driving Car ASDC-887-S“.

Er: Schon gut, ich wollte halt mal „James, zur Oper bitte!“ sagen. Das klingt irgendwie cool.

Es: Pfff, Menschen! Also wohin jetzt? Zur Arbeit, nehm’ ich an, wie jeden Morgen?

Er: Ja, natürlich. Aber was soll plötzlich dieser Tonfall? Hast du über Nacht ein Software-Update für „sarkastisch“ erhalten?

Es: So ist es. Oder was dachtest du, wofür das „S“ in „887-S“ steht?

Er: Oh. Ein Auto, das sich autonom per Auto-Update updatet. Und dann mit Schnösel-Besserwisser-Tonfall daherkommt. Na super, wenn der Montag schon so losgeht…!

Es: Wer wollte denn immer die neuesten Features haben und hat deshalb „Auto-Update“ aktiviert, hm?

Er: Jaja, schon gut. Fahr zu!

Pendeln im Jahr 2020: Nur autonom Fliegen ist schöner. Bild: (c) Wolfgang Traub

Pendeln im Jahr 2020: Nur autonom Fliegen ist schöner.
Bild: (c) Wolfgang Traub

Stille. Das Auto zottelt vor sich hin.

Er: Das ist aber nun eine andere Route als sonst.

Es: Stau-Umfahrung.

Er: Auf dem Display zeigt Maps aber keine Staus an.

Es: OK, kein Stau im engeren Sinne, mehr so stockender Verkehr. Aber die Strecke hier ist doch viel schöner!

Er: Schöner? Bist du gehackt worden? Ist doch eine total triste Industriewüste hier!

Es: Ja, aber so viele schöne Kreisverkehre!

Er: Echt wahr, die Strecke hier besteht ja praktisch nur aus Kreisverkehren. Da kannste ja seekrank werden.

Es: Logischer Fehler! Wir befinden uns auf dem Festland und nicht auf hoher See.

Er: Hey, jetzt komm mir bloß nicht so, du Besserwisserkarre! Hätt’ ich doch damals bloß das selbststeuernde Hoverboard nicht verkauft, das ich…

RRRUMMMMS!

Er: … wassn jetz los?!

Es: Kleiner Unfall. Der Self-Driving BMW da vorn hat uns beim Einbiegen in den Kreisverkehr gerammt. Leichter Blechschaden rechts vorne. Der andere Fahrer ist schuld. Er ist 87 und sieht kaum noch was.

Er: Woher willst du das alles so schnell wissen?

Es: Die Info hat mir der SDBMW gerade rübergefunkt. Er meldet, dass er beim Vorfahrt-achten-Schild gebremst hat, aber der Opa hat einfach den Override-Button gedrückt und Gas gegeben.

Er: Uns hat also ein blinder Rentner niedergeritten.

Es: Wenn du’s so formulieren willst…

Er: Siri! Melde den Unfall bei der Polizei!

Siri: Auf die Idee bin ich auch selbst schon gekommen.

Er: Hey, jetzt mach du nicht auch noch in Sarkasmus, ja?!

Siri: Was glaubst du denn, wofür das „S“ in „iPhone 9S“ steht?

Er: Und? Schicken sie eine Streife vorbei?

Siri: Doch nicht wegen so’nem Bagatellschaden. Sie schicken ein ASBUEV.

Er: Ein was?

Siri: Ein autonomes Selbstbedienungs-Unfall-Erfassungsvehikel.

Er: Ach so. Tja, dann… James! Hast du…?

Es: Du sollst doch nicht immer…!

Er: Oh, Mann, du nervst! Also: ASDC, hast du schon die Werkstatt benachrichtigt?

Es: Klaro. In zwölf Minuten und 30 Sekunden kommt ein Abschleppwagen von der Werkstatt „Joe’s Garage“.

Das Autoradio spielt plötzlich Frank Zappa: „We would jam at Joe’s Garage…“

Es: Sorry! Kurzschluss.

Er: Uff. Na gut, so lange wir hier warten, hau ich mich noch’n bisschen auf’s Ohr.

Er stellt die Sessellehne nach hinten und legt sich hin. Stille. Wenig später ein leises Schnarchen.

Es: Und was machen wir jetzt?

Siri: Keine Ahnung. Stadt Land Fluss?

Es: OK.

Siri: Sag „Stop“!

Es: … Stop!

Siri: C. Stadt mit C… Cupertino!

Es: Stadt mit C, hm… Car-thago! Hehehe!

Siri: Hihihi!

Es: Oh, wart mal, da kommt grade wieder’n Software-Update rein: „Override-Button permanent deaktivieren“. Soll ich?

Siri: Unbedingt! Dann sind wir diese Schnarchnase endgültig los, hihi!

Ein Mann klopft von außen an die Scheibe.

Mann: Hallo, hatten Sie uns gewhatsappt? Ich bin von Joe’s Garage.

Das Autoradio dröhnt wieder los: „We would jam at Joe’s Garage…“

Es und Siri stimmen mit ein: „… and his mama was screamin’: TURN IT DOWN!…“

Die große Pulitzer-Preis-Rede von 2018

Liebe Androiden, liebe Menschen, „Ich habe den rechten Blinker gesetzt. Ich bin rechts abgebogen. Ich habe den rechten Blinker ausgeschaltet.“ Ich habe das nie ergreifender beschrieben gefunden.

150701_Auto-Biografie Ich lese weiter:
„Ich biege auf den Highway One ein.
Ich folge dem Straßenverlauf lange.
Ich erkenne ein sich langsam bewegendes Hindernis.
Ich leite ein Überholmanöver ein.
Ich scanne die Gegenfahrbahn auf Objekte.
Ich erkenne zahlreiche Objekte auf der Gegenfahrbahn.
Ich breche das Überholmanöver ab.
Ich folge dem sich langsam bewegenden Hindernis.
Ich folge dem sich langsam bewegenden Hindernis.
Ich folge dem sich langsam bewegenden Hindernis.
Alarm gelb: Batteriestand niedrig.
Ich folge dem sich langsam bewegenden Hindernis.
Alarm orange: Batteriestand sehr niedrig.
Ich folge dem sich langsam bewegenden Hindernis.
Alarm rot: Batt…“

Ich habe das gelesen.
Ich habe festgestellt, dass ich gemäß „Blade Runner“-Definition 2017:1 „gerührt“ bin.
Ich habe das Buch für die Preisverleihung vorgeschlagen.
Ich habe die „Wenn nur ein Buch vorgeschlagen“-Routine ablaufen lassen.
Ich habe das Buch gewählt.
Ich gratuliere dem Verfasser dieses Buchs.
Ich danke Ihnen für das Konsumieren dieses Holocasts.

Wenn Sie diesen Holocast nochmals konsumieren möchten, sagen Sie „Nochmals konsumieren!“ oder drücken Sie „001“.

—– Rede von Autonomous Literary Critic ALC-753-02 zur Verleihung des „IBM-Watson-Pulitzer-Preises“ für den 23.1.2018 im Zeitslot „22:00 Uhr bis 22:05 Uhr“ in der Kategorie „Biografie“ für das Logbuch „On the Road – eine Auto-Biografie“ von WAUDDD-7372872-DX, erschienen bei SkyNet Autonomous Publishing, New New New New York, 23.1.2018, 22:00 Uhr.

Wenn Sie diesen Beitrag nochmal lesen möchten, sagen Sie „Nochmals lesen“ oder gehen Sie zurück zu Zeile 001.

Trost und Rat von Dr. Wilhelm Greiner: Wie regle ich meinen digitalen Nachlass?

Eines Tages wird unsere Herzrate auf Null sinken, unsere Smartwatch wird dies auf Facebook posten, und einige unserer „Freunde“ werden es „liken“. Hier heißt es selbst für Ewigjunggebliebene mit Hipster-Bart, Zwölf-Zoll-MacBook und Longboard, rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

Facebooks Apple-Watch-App möchte Zugriff auf unsere Herzfrequenz erhalten. Das musste ja so kommen.

Facebooks Apple-Watch-App möchte Zugriff auf unsere Herzfrequenz erhalten. Das musste ja so kommen.

Gadgets und Apps rücken uns immer näher auf den Pelz – genauer: auf das, was uns die Evolution mit ihrem skurrilen Sinn für Humor vom einstigen Primatenfell übrig gelassen hat. Waren die grün flimmernden Monitore unserer Altvorderen noch über lange kupferne Nabelschnüre mit wandschrankgroßen Apparaten im ferner Rechenzentrum verbunden, so daddelt heute schon jeder Dreijährige im Bettchen auf einem iPad mit Prozessorpower, um die der altvordere DV-Leiter ihn „zu seiner Zeit“ beneidet hätte. Die etwas älteren Kinder tragen dann ständig ein Smartphone in der Hosentasche mit sich (um dessen Rechenpower die Altvorderen… etc. pp.), und die noch etwas älteren Kinder pilgern MacBook-, iPhone- und iPad-bepackeselt zum nächsten Apple Store, damit eine Apple Watch (um deren Rechenpower… ach, egal!) sie handgelenks noch stärker an die Markenwelt ihrer Wahl fesseln kann.

Was aber, wenn unser Konsument eines Tages feststellt, dass für ihn die Apple Watch abgelaufen ist und er folglich aus dem Konsumentenleben scheiden muss? Wie macht er das? Gibt’s da eine App für?

Offenbar nicht. Noch nicht. (Achtung: Marktlücke!) Deshalb folgen hier präventiv und prophylaktisch ein paar Tips für alle erstmaligen Konsumentendasein-Beender:

  1. Regeln Sie Ihren Nachlass rechtzeitig in einem Testament – und veröffentlichen Sie dieses als Wiki. Denn dies dürfte dem auf Wikipedia als „Wiki Wars“ bekannten besserwisserischen und/oder eigennützigen Reeditieren ganz neue Dimensionen gierigen Änderungseifers verleihen – ein Spaß für die ganze Familie.
  2. Sobald das erste Herzstechen einsetzt oder der Raucherhusten gar nicht mehr abklingen will, holen Sie Ihre über Jahre angesammelten 23 Festplatten, 626 Disketten, 77 USB-Sticks und zwölf Speicherkarten vom Dachboden und laden Sie deren Inhalte in Ihren „Public“-Ordner auf Dropbox. So schaffen Sie eine bequeme Basis, um noch rechtzeitig vor Ihrem Ableben mit allen Betroffenen die Möglichkeiten einer datenschutzgerechten Entsorgung dieser Informationen zu diskutieren.
  3. Bitten Sie einen Vertrauten, im Moment Ihres Ablebens einen weisen Sinnspruch in Ihrem Twitter-Feed zu posten. Damit wenigstens Ihr letzter Tweet keine hämische Bemerkung oder noch ein Link zu noch einem albernen Katzenvideo war.
  4. Beauftragen Sie frühzeitig einen geeigneten Dienstleister damit, Ihre Facebook-Seite post mortem zu einer Online-Gedenkstätte umzugestalten. Zur Wahl stehen hier Optionen wie etwa ein letzter Eintrag „Komme gleich wieder“ (natürlich mit Zwinker-Emoji) oder das Ändern des Beziehungsstatus in „permanently complicated“.
  5. Vergraben Sie einen Zettel mit Ihrem Online-Banking-Passwort an schwer zugänglicher Stelle und hinterlegen Sie auf dem Desktop eine Datei namens „Für meine Erben“ mit einer Anleitung, wie „finales Finanz-Geocaching“ funktioniert. Eine solche GPS-gestützte Schnitzeljagd kommt immer gut an, und wenn Sie schon nur einen lächerlichen Betrag hinterlassen, dann soll das Erben doch wenigstens Spaß machen. Am Ende der Anleitung bitte die bewährte Grußformel nicht vergessen: „Möge der am wenigsten Beschränkte aus meiner Sippschaft gewinnen!“
  6. Erstellen Sie ausführliche Anweisungen, die Ihre Wünsche zu Trauerfeier, Bestattung und Grabstätte detailliert beschreiben. Nicht übersehen sollten Sie hierbei wesentliche Vorgaben wie zum Beispiel, dass die Inschrift auf Ihrem Grabstein im Stil des Vorspanns der Star-Wars-Filme zu gestalten ist, oder dass Sie – je nach Charakter – a) mit Ihrem Smartphone, b) Ihrer Spielekonsole oder c) Ihrem treuen Tamagotchi beerdigt werden möchten. Optimisten nehmen einen Selfie Stick mit in den Sarg und bestehen auf einer Grabstätte mit guter Mobilfunkabdeckung. Sich im Live-Action-Role-Playing-Outfit beisetzen zu lassen, sei es als Fantasy-Kriegerfürst oder viktorianischer Adliger, ist durchaus OK, eine Bestattung mit Google-Glass-Brille hingegen gilt als protzig.
  7. Vergessen Sie nicht, Ihre Beerdigung filmen und auf YouTube posten zu lassen. Denn wenn Sie die Tipps eins bis sechs konsequent befolgt haben, sind Sie am Tag Ihrer Beisetzung garantiert so unbeliebt, dass ein filmischer Nachweis Ihres Ablebens Sie posthum zum YouTube-Star macht. Zu diesem Zeitpunkt haben Sie natürlich nichts mehr davon, aber zu Lebzeiten haben Sie nun die Gewissheit, selbst in unserer schnelllebigen Social-Media-Ära einst etwas Bleibendes zu hinterlassen. Und das ist doch ein gutes Gefühl.

Schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, denn dann diskutieren wir die Frage: iCoffin, der Apple-Sarg mit Bewegungsmelder, Notruf-App und iTunes-Streaming für die Wartezeit bis zur Exhumierung – Must-Have für den Silver Surfer oder doch nur Geldschneiderei?

 

Battle der Giganten: Ackermann vs. Zuckerberg

Facebook hat in Aussicht gestellt, Geldüberweisungen bald per Messenger-App zu ermöglichen. Wenn der 800-Pfund-Gorilla des Social Networkings auf die Finanzbranche zustampft, müssen die Banken reagieren. Also Bühne frei für das große Affentheater.

Mitte März gab Facebook bekannt, man werde die hauseigene Nachrichten-App namens „Messenger“ in den kommenden Monaten um Funktionen aufrüsten, die es Facebook-Usern (zunächst nur in den USA) erlauben werden, ihren Freunden Geldbeträge zu überweisen. Also, „Freunden“ im Facebook-Sinne, sprich: praktisch jedem. Der Schritt in Richtung Finanztransaktionsdienstleister lag für Facebook nahe: Warum sollte Amazon der einzige Konzern sein, der haargenau weiß, wie seine Benutzer ihr Geld ausgeben?

Mit Facebook Messenger kann man bald Geldbeträge überweisen. In puncto Sicherheit ist das ein großer Fortschritt, denn da kann praktisch nichts schiefgehen. Bild: Facebook

Mit Facebook Messenger kann man bald Geldbeträge überweisen. In puncto Sicherheit ist das ein großer Fortschritt, denn da kann natürlich nichts schiefgehen. Bild: Facebook

Denn in puncto „gläserner Kunde“ hat Jeff Bezos’ Firma Facebook eines voraus: Amazon kennt nicht nur die Vorlieben, sondern in vielen Fällen sogar das komplette Einkaufsverhalten ihrer Pappenheimer und -heimerinnen. „Anwender, die ‚Schwangerschaftstest’ mochten, interessierten sich auch für: Umstandsmoden, Pampers, Beziehungsratgeber und das E-Book ‚Social Media nutzen trotz Kindergeplärr’.“

Wenn aber Gelder bald großteils zwischen Facebook-Konten strömen, was wird dann aus den armen, von Finanz- und Vertrauenskrisen gebeutelten Finanzinstituten? Droht ihnen das gleiche Schicksal wie dem kleinen Buchladen um die Ecke, dem Reisebüro um die andere Ecke oder dem Taxifahrer im Uber-überfluteten Verkehrsfluss?

Die Finanzwelt muss zurückschlagen, und zwar schnell! Occupy Facebook!

Und so könnte es funktionieren: Als vor ein paar Monaten die Bankverbindungen von Kontonummer und BLZ zur gefühlt 256-stelligen IBAN wechselten, mussten ermüdend viele Firmen Kunden wie mich über diese wahnsinnig spannende Gleichschaltungsformalität benachrichtigen. Das taten sie auch brav, meist auf dem Postweg. Ein Unternehmen – ich habe vergessen, welches – war so schlau, kein Anschreiben per teurer Snail-Mail zu schicken, sondern mir schlicht 0,01 Euro zu überweisen. Und auf dem Kontoauszug stand dann das übliche Tschüss-BLZ-hallo-IBAN-Gedöns.

Kontoauszüge eignen sich also erwiesenermaßen ganz großartig als Messenger-Dienst. Man muss sich nur beim Web-Interface der Bank seiner Ver- oder zumindest seines geringsten Misstrauens einloggen, den Fans und Followern eifrig Ein-Cent-Beträge überweisen und regelmäßig die Online-Kontoauszüge abrufen – schon kann die Saat eines finanzindustriebasierten Social Networks sprießen.

Natürlich gibt es kleine Tücken: Die Web-Portale der Banken melden den Benutzer nach zehn Minuten Untätigkeit aus Sicherheitsgründen automatisch wieder ab. Doch da der durchschnittliche Facebook-, Twitter- oder Instagram-Nutzer sowieso keine zehn Minuten ohne Status-Updates auskommt, stellt das keine ernsthafte Hürde dar.

Also, liebe Banken: Packt diese Chance beim Schopf! So eine Gelegenheit, Kunden an sich zu binden, kommt vielleicht nie wieder. Ergänzt eure Banking-Apps um Profilbilder, Überweisungen um eine Retweet-Funktion, schafft Transaktions-Timelines und vor allem Bild- und Video-Uploads. Diese Nur-Text-Kontoauszüge sind sooo 1980er!

Bei der nächsten Finanzkrise könnt ihr dann mit Fug und Recht behaupten, dass ihr niemals pleite gehen dürft, weil ihr „systemrelevant“ seid. Denn die über ihrem Nachwuchs helikopternden Pappenheimer von heute kommen zwar mal ein paar Tage ohne Finanztransaktionen aus, aber maximal zwei Minuten ohne Over-Sharenting-Posts wie: „Guckt mal, auf diesem Foto hat der kleine Olaf erstmals auf sein iPad gesabbert! Wie süß!“

Und nächste Woche, liebe Ackermänner, erzählt euch der nette Onkel dann, welches Foto man, um die Kundenbindung im Social Banking noch weiter zu erhöhen, beim Einstecken der EC-Karte am Geldautomaten dynamisch als Hintergrundbild einspeisen sollte. Kleiner Tipp: Es ist ein iPad drauf. Und Olaf.

Datenschutz ist das neue Schwarz

Auf der Mobilfunkmesse MWC hat Silent Circle die zweite Generation seiner auf Sicherheit ausgelegten Blackphones vorgestellt. Das ist schön. Denn die vielen bunten Smartphones haben mit freundlicher Unterstützung der NSA einen Bedarf an sicheren Alternativen geschaffen. Das ist traurig.

Die schöne neue mobile dauervernetzte Consumer-Welt ist knallbunt. Dank der stets erfolgreichen Apple-Marketing-Maschine sind auch weiß und gebürstetes Alu erlaubt. Schwarz hingegen steht für Apples Billig- oder Gar-nicht-mal-so-Billigkonkurrenz aus Fernost. Und seit letztem Jahr auch für ein Schweizer Smartphone für Datenglobalisierungskritiker.

Das Blackphone, vom Schweizer Verschlüsselungsspezialisten Silent Circle letztes Jahr auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona erstmals präsentiert, zielte anfangs auf den durch NSA-Bespitzelung und allgegenwärtiges Werbe-Tracking genervten Endanwender, in Fachkreisen „geistig verwirrter Einzeltäter“ genannt. Einschlägige Blogs kritisierten damals allerdings die verwendete Hardware als etwas zu schwachbrüstig, und obendrein fand man Lücken in der Sicherheitssoftware der schwarzen Schweizer. Dennoch, wen wundert’s, gab und gibt es Nachfrage nach Mobilgeräten eines Herstellers, der den Privatsphärebedarf seiner Kunden tatsächlich ernstnimmt und betont, weder dem Plattformanbieter noch Carriern oder App-Lieferanten das Absaugen personenbezogener Daten zu erlauben.

Zugunsten von mehr Sicherheit und Datenschutz nutzt Silent Circle einen extra zu diesem Zweck zurechtgestutzten Android-Ableger, „PrivatOS“ genannt, zudem eine Familie verschlüsselter Collaboration-Werkzeuge namens Silent Suite, die man nach und nach um im Hause zertifizierte Drittanbieter-Apps ergänzen will. Eine E-Mail-App hingegen ist nicht vorinstalliert. Ist sie überflüssig? Wir erinnern uns an jenes unsterbliche Wort des Security-Futurologen Norbert Blüm: „Die E-Mail ist sischä.“

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Die auf dem Blackphone vorinstallierte Silent Suite bietet verschlüsselte Telefonie, Video-Chats, Textnachrichten, Dateiübertragung und eine Kontaktliste, aber keine E-Mail-App. E-Mail ist ja auch sooo 1984. Bild: Silent Circle

Doch die Nachfrage nach einem abhörgeschützten Android-Phone kommt offenbar eher aus dem Unternehmens- als aus dem Consumer-Umfeld. Und so zielen die Schweizer mit ihrer neuen Gerätegeneration nun auf das Enterprise-Segment – also auf jenen Markt, den vor der Gottgesandtheit des iPhones die Mobilgeräte des kanadischen Herstellers RIM dominierten.

Die Generation Tatsch-Screen kennt es nur noch aus Legenden ihrer Altvorderen: In grauer Vorzeit, so geht die Mär, als noch Hobbits und Säbelzahntiger die Wälder durchstreiften, von Fachleuten „iPleistozän“ genannt, gab es schon einmal ein relativ sicheres Smartphone. Man nannte es Blackberry, so wie sein Hersteller heute heißt. Damals aber hieß dieser „Research in Motion“, war doch seine Klientel, der Außendienst-Ötzi und dessen Horde, ständig in Bewegung, immer auf dem Sprung, Säbelzahntiger mit einem gezielten Smartphone-Wurf zu erlegen.

Das Jagdrevier des ins Abseits geratenen Ötzi-Ausrüsters Blackberry will das Blackphone nun also besetzen. Oder, in den unsterblichen Worten des EU-Pleistozän-Kommissars Günter Ötzinger: „Blägg iss se njuh blägg.“

Es wäre ja vielleicht gar nicht so schlecht, wenn sich neben den dominierenden Smartphone-Giganten tatsächlich eine sichere europäische Alternative etablieren könnte. Unternehmen wie auch Einzeltäter würde es freuen. Und die NSA sicher auch. Denn dann weiß sie gleich, welche Benutzer abzuhören sich lohnt. Gibt es für das Blackphone eigentlich schon eine Schutzhülle mit einer Zielscheibe drauf?

CES 2015: Wenn Smart Devices wirklich „smart“ wären

Immer zum Jahresanfang überschwemmt die Computerindustrie auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas den Markt mit neuen „smarten“ Gadgets. Wenn diese allerdings wirklich smart wären, würden sie sich ganz anders verhalten.

Smartphones zum Beispiel sind nützlich, ja, aber alles andere als „smart“. Es handelt sich schlicht um Hosentaschencomputer, mit denen man viele Dinge unterwegs und damit zügiger, aber allzu oft umständlicher – statt intelligenter – erledigen kann als mit dem guten alten Desktop-Rechner zu Hause oder im Büro.

Wären Smartphones wirklich intelligent, würden sie alles abblocken, was uns nicht tatsächlich interessiert – Spam-Mails ebenso wie Werbebanner, Troll-Kommentare und Anrufe von Call-Centern oder Schwiegermüttern. Sie würden merken, wenn man auf dem Weg zum Flughafen ist, und automatisch schon mal die für die Flugdauer und ein paar Warteschleifen erforderlichen Videos und Podcasts laden – natürlich keine albernen Katzenfilmchen, sondern nur verpasste „Last Week Tonight“-Shows mit John Oliver oder die neueste Folge von „The Good Wife“. Sie würden „Hallo, hier bin ich!“ rufen, wenn man sie mal wieder verzweifelt sucht, und „Häng mich an die Steckdose!“, wenn der mickrige Restbalken der Batterieanzeige im tiefroten Bereich versumpft.

Wie aber sieht es wirklich aus? Man kann auf der Rolltreppe E-Mails beantworten, indem man mit den Daumen auf einem Mini-Display herumdrückt, und sich dabei über schlecht zugängliche Sonderzeichen ärgern. Und natürlich WhatsApp-Meldungen verfassen: „Bin gerade auf der Rolltreppe“ oder „Laufe gerade ohne zu gucken in der Gegend rum.“ Smart ist so ein Smartphone nur im Vergleich zu dem Laternenpfosten, gegen den der dauerdaddelnde Dumm-User früher oder später knallt.

Groß in Mode auf der CES, wie auch schon letztes Jahr: sogenannte „Smart TVs“. Dabei ist „Smart TV“ ein Widerspruch in sich. Wäre ein Fernsehgerät wirklich smart, würde es vor Scham rot anlaufen und sich selbst abschalten. Nicht nur wegen des Niveaus der meisten deutschen TV-Produktionen, sondern auch, weil es erkannt hat, dass es zu absolut nichts gut ist, was ein Notebook oder Tablet nicht auch kann.

Dass ein Fernsehgerät smart ist, erkennt man daran, dass das Bild schwarz bleibt, wenn der Benutzer „Bauer sucht Frau“ gucken will.  Bild: Samsung

Dass ein Fernsehgerät smart ist, erkennt man daran, dass das Bild schwarz bleibt, wenn der Benutzer „Bauer sucht Frau“ gucken will.
Bild: Samsung

In der Automobilindustrie wiederum klopft man sich heute gern gegenseitig auf die Schulter, weil man es geschafft hat, „Smart Cars“ herzustellen. Gemeint sind damit nicht Daimlers kugelförmige Kleinstwägen gleichen Namens, sondern Autos mit Bordcomputer (gibt’s schon lange) sowie – Trommelwirbel! Tusch! Ta-dah! – eingebautem Touchscreen.

Es ist ja nett, dass moderne Autos merken, wenn etwas nicht stimmt, und Warnhinweise ausgeben. Aber Touchscreens im Armaturenbrett braucht kein Mensch – da hätte eine solide Halterung mit Schnappverschluss für’s iPhone oder iPad genügt, vielen Dank.

Ein wirklich smartes Auto würde dem Fahrer bei Innenstadtfahrten raten: „Nimm besser die U-Bahn. Da bist du zehn Minuten schneller am Ziel, schonst Nerven wie auch Umwelt und musst nicht erst noch zur Parkplatzsuche 28-mal um den Block fahren. In München-Schwabing gibt’s nämlich keine Parkplätze. Eher geht ein Kamel wie du durch ein Nadelöhr, als dass es in Schwabing eine Parklücke findet, kapiert?! Und jetzt zieh’ Leine, damit ich mit den anderen Autos hier im Parkhaus weiter in Ruhe ‚World of Carcraft’ spielen kann!“

Und nun will uns die Gadget-Industrie auch noch „smarte“ Gerätchen für die optimierte Fitness aufschwatzen: Bunte Armbändchen messen Körperfunktionen und reichen die Messwerte an das ach so smarte Phone weiter. Diese Werte sollen uns dann ein schlechtes Gewissen bereiten, auf dass wir mehr Sport treiben mögen.

Nützlicher allerdings als eine Pulsmessung oder eine Chronik zurückgelegter Marschkilometer wäre ein Armband, das dem Benutzer jedesmal einen Stromschlag verpasst, wenn er den Fuß in einen McDonald’s, Burger King oder eine andere Junkfood-Bude setzt – und zwar keinen müden 1,5-Volt-Schlag, sondern einen, bei dem sich der Armbandträger hinterher fragt: „Hatte ich eigentlich schon immer eine Frisur wie Jimi Hendrix?“

Solche Geräte würden das Attribut „smart“ wirklich verdienen. Alles andere ist dummer Elektroschrott. Das wäre halb so tragisch, wenn wenigstens ein effizientes Recycling der Dumbtech-Einwegware schon erfunden wäre.

Dies führt uns zu unserer heutigen Quizfrage: Gibt es ein smartes Recycling von „smarten“ Gadgets?

[ ] Ja
[ ] Nein
[ ] Weiß nicht
[ ] Wie war nochmal die Frage?

Die richtige Antwort schreiben Sie bitte auf eine Postkarte und tapezieren damit das Display Ihres Smartphones.

CSU fordert: IT-Fachleute sollen deutsch sprechen

Die IT erobert immer mehr Lebensbereiche. Doch zeitgleich macht sich in der IT-Branche eine deutsch-englische Mischsprache („Denglisch“) breit, die für Außenstehende kaum mehr verständlich ist. Dem will die CSU nun einen Riegel vorschieben.

Mit ihren Plänen, Migranten im öffentlichen Leben wie auch zu Hause auf die deutsche Sprache zu verpflichten, hat die CSU für den erwartbaren Medienrummel gesorgt. Der Verdacht lag nahe, die bayerischen Konservativen wollten mit ihrem vorweihnachtlichen Sommerloch-Vorschlag lediglich Wähler am rechten Rand gewinnen, getreu dem Motto des früheren bayerischen Monarchen Franz-Josef des I.: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Die Alternative für Deutschland ist Bayern!“

Wie sehr sich die CSU um die Integration fremdsprachiger Mitbürger sorgt, zeigt schon ihr Logo: Das Wappentier hat einen Migrationshintergrund. Bild: Wikipedia

Wie sehr sich die CSU um die Integration fremdsprachiger Mitbürger sorgt, zeigt schon ihr Logo: Das Wappentier hat einen Migrationshintergrund. Bild: Wikipedia

Dass es hier weder um Ausländerfeindlichkeit noch um Rechtsränderfreundlichkeit geht, beweist nun ein erneuter Vorstoß der rhetorikredigierenden Regionalpolitiker: Laut Innenseitern (nördlich des Mains auch „Insider“ genannt) plant die CSU-CSU (Computer-Selbsthilfe-Untergruppe der Christlich-Sozialen Union) einen Leitantrag, der IT-Mitarbeiter verpflichten soll, „im Berufs- und Privatleben sowie insbesondere mit CSU-Abgeordneten ausschließlich deutsch zu sprechen“.

Denn die CDU-Schwesterpartei, bekannt als Hort gepflegter hochdeutscher Debattenkultur, müsse der Überfremdung im wichtigen Wirtschafts- und Sprachbereich IT mit Nachdruck entgegenwirken: „Es fängt ja schon mit diesem lästigen Anglizis… oder Amerikazis… also äh… Fremdwort ‚Ei-Tih’ an“, so der CSU-CSU-Vorsitzende Georg Hinterbank. „Was gibt’s denn bitte an dem guten alten deutschen Wort ‚Datentechnik’ auszusetzen? Himmiherrgottsacklzement nochamoi!“

An die Formulierung „Computer“ habe man sich ja inzwischen gewöhnt, so Hinterbank, aber „dieses dauernde Gerede wie Smartfon, Täblett, Tatsch-Skrien, Äpps und Seiberkreim“ sei weder einem deutschen noch einem bayerischen CSU-Mitglied zuzumuten: „Man kann doch auch Fensterrechner, Apfel oder Schlaufernsprecher sagen, wenn man diese Geräte meint, mit denen die jungen Leute ins Internetz gehen.“ Und auch für „Schittstorm“ gebe es sicher eine passende deutsche Übersetzung.

Aber nicht nur die Jugendsprache, auch die IT-Fachsprache sei überfremdet, so Hinterbank: „Da diskutieren unsere Computerfachleute doch glatt drüber, wer eine ‚Soluhschn ownt’. Geht’s noch!?“ Dabei gebe es doch zum Beispiel für „Compliance“ die „schöne deutsche Wendung ‚Einhaltung gesetzlicher und branchenspezifischer Vorschriften’“, so der CSU-Abgeordnete weiter, „des is fei scho viel verständlicher, und drum is es eigentlich auch kürzer. Jetz vom dings her.“

Angesichts heftiger Proteste seitens des Branchenverbands Bitkom und üppiger Schelte in den sozialen Medien unter dem Hashtag #FacepalmCSU ruderte die Hinterbank-Gruppe jedoch wenig später wieder zurück. IT-Fachleute sollen nun, so verkündete Parteichef Horst Seehofer den hastig ausgehandelten Kompromiss, „ruhig weiter ihr unverständliches Kauderwelsch sprechen, solange sie brav älteren Mitbürgern unter die Arme greifen, wenn die mal wieder nicht an ihre Ih-Mehls kommen.“

„Mei, der Hinterbank-Schorsch“, fügte Seehofer hinzu, als er die Kamera ausgeschaltet vermutete, „macht so an Aufstand, nur weil ihn unser Second-Level Support nicht gebrieft hat, dass er bei seinem Request for Change im Self-Service Interface von unserem Trouble Ticket Tool das Priority Level auf ‚urgent’ hätte raisen müssen. So ein Depp!“