Tagesarchiv: 8. September 2011

Cloud Computing und Datenschutz: Wolke im Schafspelz

Dem allseits fröhlich vermarkteten Cloud Computing stehen hierzulande vor allem Sicherheitsbedenken im Weg. Dies bestätigen Umfragen von Hersteller- wie Analystenseite mit geradezu monotoner Regelmäßigkeit. Betroffen ist die Informationssicherheit in allen Facetten – von der Zugriffssicherheit über den Schutz gespeicherter Daten bis zur Frage der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, auf Neudeutsch „Compliance“ genannt. (Besserwissermodus ein. Liebe IT-Anbieter und PR-Agenturen: „Compliance“ bedeutet „Befolgung von…“ oder „Einhaltung von…“, nicht „gesetzliche Vorgabe“. Es gibt also keine „Compliances“ und auch keine „Einhaltung der Compliance“, weil nämlich wegen der Compliance, die wo ja selber die Einhaltung ist. Is’ irgendwie ein Stück weit logisch, oder? Besserwissermodus aus.)

Bild: (c) Wolfgang Traub 2011

Derlei Sicherheitsbedenken sind kein Symptom übertriebener „German Angst“, sondern vor allem eines: berechtigt. So warnte zum Beispiel kürzlich die Nationale Initiative für Informations- und Internetsicherheit NIFIS e.V. vor der Inanspruchnahme amerikanischer Cloud-Services. Denn der „Patriot Act“ (ein aus Terrorangst erlassenes Anti-Datenschutzgesetz) gestattet US-Ermittlungsbehörden den Zugriff auf Nutzerdaten, selbst wenn diese außerhalb (!) des US-Territoriums gespeichert sind.

Man muss aber gar nicht Willkür oder Wirtschaftsspionage durch NSA und CIA befürchten, um misstrauisch zu sein. Auch der Deutsche Anwaltverein erklärte im August 2011 in einer Stellungnahme für die EU-Kommission, Cloud Computing sei aufgrund des deutschen Datenschutzrechts und der gesetzlichen Vorgaben zur Auftragsdatenverarbeitung mit Dienstleistern außerhalb der EU ohne Mindeststandards (die es nicht gibt) unmöglich. Der deutsche Gesetzgeber sieht eben nicht vor, dass die Kundendaten „irgendwo in der Wolke“ herumlungern. Da isser irgendwie altmodisch, der Herr Gesetzgeber, aber mir auch irgendwie sympathisch.

Also am besten auf einheimische Provider vertrauen, richtig? Hier darf der Autor auf seine Erfahrungen mit deutschen Mobilfunk-Carriern verweisen. T-Mobile: Werbung an die E-Mail-Adresse erhalten, von der aus Monate zuvor eine Werbesperre ausgesprochen worden war. Datenschutz? Ungenügend. E-Plus-Tochter BASE: Nach einem Anruf durch das Call Center einen Brief erhalten, ich hätte mündlich der Datennutzung für Werbung und Marktforschung zugestimmt, was ich mir audrücklich verbeten hatte. Datenschutz? Ungenügend. Vodafone: Bei der Service-Einrichtung so viele Unzulänglichkeiten festgestellt, dass ich den Vertrag sofort wieder kündigte (inzwischen gegen Gutschrift und einem netten Telefonat mit zwei Vodafone-Pressedamen widerrufen, aber nur auf Bewährung). Würde ich einem dieser Carrier den sicheren, verlässlichen Betrieb von Cloud-Services zutrauen? Die richtige Antwort schreiben Sie bitte auf eine Postkarte und nageln diese an eine Wolke.

P.S.: Jaja, auch ich weiß, der Trend geht zur Cloud, und früher oder später geht es nicht mehr ohne. Deshalb ein kleiner Tipp aus unserer beliebten Sendereihe „Cloud-Rezepte wie zu Großmutters Zeiten“: Dateien auf File-Servern in der Cloud bleiben länger knackig, wenn man sie vor dem Upload in Frischhaltefolie der Marke „TrueCrypt“ einpackt.